- Dürer
- Dürer,1) Albrecht, Maler, Grafiker, Zeichner und Kunstschriftsteller, * Nürnberg 21. 5. 1471, ✝ ebenda 6. 4. 1528, Bruder von 2). Die Familienchronik, das Tagebuch der niederländischen Reise, Briefe und viele eigenhändige Niederschriften geben Auskunft über Herkunft und künstlerische Persönlichkeit Dürers. Er erlernte zuerst bei seinem Vater das Goldschmiedehandwerk, bevor er 1486 in die Werkstatt des M. Wolgemut in Nürnberg kam. 1490-94 war er auf Wanderschaft am Oberrhein (Basel, Colmar, Straßburg). 1494 heiratete er in Nürnberg Agnes Frey (✝ 1539). Im Herbst 1494 trat er seine erste Italienreise an, in deren Verlauf bedeutende Landschaftsaquarelle entstanden. Nach seiner Rückkehr im Frühjahr 1495 richtete er in Nürnberg eine eigene Werkstatt ein. 1496 erhielt er erste Aufträge durch Kurfürst Friedrich den Weisen, 1505-07 hielt er sich erneut in Italien auf. 1509 erwarb er in Nürnberg das stattliche Haus am Tiergärtnertor und wurde Mitglied des Großen Rates der Stadt. 1520/21 reiste er in die Niederlande, wo er volle Anerkennung als Künstler erhielt. Er erkrankte dort an einem Fieber, das seine Gesundheit nachhaltig schwächte.Dürer kam aus dem spätmittelalterlichen Handwerkertum, dessen Fleiß und Werktreue er zeitlebens bewahrte. Die Anfänge seiner Kunst wurzeln in der altniederländischen Malerei (J. van Eyck, R. van der Weyden). Obwohl Dürer zahlreiche Themen aus der mittelalterlichen Tradition übernahm, zeigt sich in seiner Behandlung christlicher wie allegorischer und mythologischer Stoffe eine starke Prägung durch den deutschen Humanismus, den ihm sein Freund W. Pirckheimer vermittelte. Auch seine Auffassung der Themen im Sinne einer bürgerlichen Frömmigkeit zeigt Dürer als Künstler einer neuen Zeit, ebenso wie er im Bereich der Form in Auseinandersetzung besonders mit der italienischen Renaissance neue Wege ging. Als Maler schuf er mehrere Altäre. Hauptthemen bei der Schilderung der Heilsereignisse sind die Passion Christi, das Leben Mariens und das Heiligenleben, dominierend in den grafischen Werken. Formgebend ist bei seinen Gemälden die Zeichnung, der die Farbe zugeordnet ist. Die erste Begegnung mit der italienischen Kunst vermittelten ihm noch vor seiner ersten Italienreise die Stiche A. Mantegnas. Von seiner Auseinandersetzung mit der Formklarheit der italienischen Renaissancekunst zeugt besonders der Kupferstich »Adam und Eva« (1504). Das neue Selbstbewusstsein der Renaissance drückt sich v. a. in seinen Porträts aus, die neben religiösen Themen einen Schwerpunkt seines Schaffens bilden. Seine etwa 350 Holzschnitte sowie über 100 Kupferstiche und Radierungen zeichnen sich durch künstlerische und technische Vollkommenheit aus. Seine großen Kupferstiche »Ritter, Tod und Teufel« (1513), »Der heilige Hieronymus im Gehäus« (1514) und »Melancolia« (1514) gehören zu seinen bedeutendsten Leistungen. Die über 1 000 Zeichnungen umfassen v. a. Porträts (u. a. das Bildnis seiner Mutter, 1514; Berlin, Kupferstichkabinett), Darstellungen von Tieren und Pflanzen sowie Vorlagen für Goldschmiedearbeiten.Einziger Auftrag seiner Vaterstadt blieben die Tafeln »Kaiser Karl der Große im Krönungsornat« und »Kaiser Sigismund« für die Heiltumskammer am Hauptmarkt (beide 1512/13; Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum). 1526 vermachte Dürer seiner Vaterstadt ausdrücklich als Mahnmal in unruhigen Zeiten die beiden Tafeln der »Vier Apostel« (München, Alte Pinakothek). Sie tragen Beischriften, die auf M. Luthers Übertragung des Neuen Testaments basieren und sich gegen radikale Sektierer und Bilderstürmer richten. Ab 1512 war Dürer leitend an den Entwürfen und der Ausführung von Aufträgen für Kaiser Maximilian I. beteiligt und fand hier für seine überragende Begabung als Zeichner und Grafiker ein weites und angemessenes Betätigungsfeld. Es sind die aus 192 Holzschnitten bestehende »Ehrenpforte« (1515) und der Triumphwagen des riesigen »Triumphzuges«, ebenfalls in Holzschnitten (um 1518). Den Höhepunkt seiner Tätigkeit für Maximilian I. bilden die 50 farbigen Randillustrationen zum Gebetbuch des Kaisers (um 1515; München, Bayerische Staatsbibliothek).Ab 1500 bis zu seinem Tod beschäftigte sich Dürer mit Kunsttheorie, besonders der Proportionslehre. Er versuchte die Kunst aus der Erkenntnis ihrer Formgesetze zu erneuern. Ihr höchstes Ziel, die Schönheit, erschien ihm normativ, mit »Zirkel und Richtscheit« konstruierbar. Das Ergebnis eingehender Proportionsstudien ist die 1528 postum erschienene Proportionslehre, die mit der »Underweysung der Messung mit dem Zirckel und Richtscheyt. ..« (1525) und seiner Befestigungslehre (»Etliche Underricht zur Befestigung der Stett, Schloß und Flecken«, 1527) einen Meilenstein der deutschen Kunstliteratur darstellt. - Dürer erscheint als der umfassend interessierte, gebildete und vielseitige Künstler einer neuen Epoche, dessen Wirken besonders auf dem Gebiet der Druckgrafik von weit reichendem Einfluss war.Weitere Werke: Gemälde: Bildnis des Vaters (1490; Florenz, Uffizien); Selbstbildnisse (1493, Paris, Louvre; 1498, Madrid, Prado; 1500, München, Alte Pinakothek); Die Sieben Schmerzen Mariens (um 1495; Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, und München, Alte Pinakothek); Dresdner Altar (1496; Dresden, Staatliche Kunstsammlungen); Madonna mit Kind (um 1496; Washington, District of Columbia, National Gallery of Art); Bildnis Friedrichs des Weisen (um 1496; Berlin, Gemäldegalerie); Bildnis der Katharina Fürlegerin (1497; Frankfurt am Main, Städelsches Kunstinstitut); Bildnis des Oswalt Krel (1499; München, Alte Pinakothek); Beweinung Christi (um 1500; ebenda); Paumgartner-Altar (1498-1504; ebenda); Anbetung der Könige (1504; Florenz, Uffizien); Bildnis einer jungen Venezianerin (1505; Wien, Kunsthistorisches Museum); Rosenkranzfest (1506; Prag, Národní Galerie); Madonna mit dem Zeisig (1506; Berlin, Gemäldegalerie); Adam und Eva (1507; Madrid, Prado); Marter der 10 000 Christen (1508; Wien, Kunsthistorisches Museum); Heller-Altar (1507-09; im 18. Jahrhundert verbrannt); Allerheiligenbild (1511; Wien, Kunsthistorisches Museum); Madonna mit der Birne (1512; ebenda); Kaiser Karl der Große im Krönungsornat (1512/13; Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum); Bildnis des Malers Michael Wolgemut (1516; ebenda); Bildnis Kaiser Maximilians I. (1518/19; ebenda); Anna Selbdritt (1519; New York, Metropolitan Museum); Heiliger Hieronymus (1521; Lissabon, Museum de Arte Antigua); Bildnis des Hieronymus Holzschuher (1526; Berlin, Gemäldegalerie); Bildnis des Jacob Muffel (1526; ebenda).Holzschnittzyklen: Die Apokalypse (1498); Das Marienleben (1502-11); Die Große Passion (1496-1511); Die Kleine Holzschnittpassion (1509-11).Kupferstiche und Radierungen: Der verlorene Sohn (um 1496); Die Kleine Kupferstichpassion (1507-12); Christus am Ölberg (1515); Albrecht von Brandenburg (1519, 1523); Willibald Pirckheimer (1524); Philipp Melanchthon (1526); Erasmus von Rotterdam (1526).A. D. Die Landschaftsaquarelle, hg. v. W. Koschatzky (Wien 1971);F. Anzelewsky: A. D. Das maler. Werk (1971);F. Anzelewsky: Dürer-Studien (1983);The complete drawings of A. D., hg. v. W. L. Strauss, 6 Bde. (New York 1974);E. Panofsky: Das Leben u. die Kunst A. D.s (a. d. Engl., 1977);A. D., 1471 bis 1528. Das gesamte graph. Werk, hg. v. W. Hütt, 2 Bde. (Neuaufl. 1980);A. D., wood-cuts and wood-blocks, hg. v. W. L. Strauss (Neuausg. New York 1980);H. Wölfflin: Die Kunst A. D.s (91984);F. Koreny: A. D. u. die Tier- u. Pflanzenstudien der Renaissance (1985);J. Białostocki: D. and his critics 1500-1971 (Baden-Baden 1986);P. Strieder: D. (21989);J. C. Hutchison: A. D. Eine Biogr. (a. d. Engl., 1994);E. Ullmann: A. D. - Selbstbildnisse u. autobiograph. Schriften als Zeugnisse der Entwicklung seiner Persönlichkeit (1994);A. D. Die Altäre, bearb. v. D. Kutschbach (1995);P. Wilhelmy: Studien zur Zeitgestaltung im Werk A. D.s (1995);2) Hans, Maler und Zeichner, * Nürnberg 21. 2. 1490, ✝ Krakau 1534 oder 1535, Bruder von 1); ausgebildet in der Werkstatt seines Bruders; lebte ab 1525 in Krakau, seit 1529 Hofmaler von König Sigismund I. Sein Stil ist der Spätgotik verhaftet.
Universal-Lexikon. 2012.